Studientag 2023

Der erste Studientag der Gesellschaft für Bayerische Musikgeschichte wurde vom Institut für Musikwissenschaft der Universität Regensburg (Prof. Dr. Katelijne Schiltz und PD Dr. Michael Braun) ausgerichtet und fand am 30. März 2023 in der Regensburger Altstadt statt (Haus der Begegnung, Hinter der Grieb 8, 93047 Regensburg).

Elisabeth Seidel (LMU München)
Materialsammlungen, Schmuckbände und ‚Best-Ofs‘:
Sammlungsprinzipien in den Musikdrucken Adam Bergs
Silvia Bier (Universität Bayreuth)
Musik-, Tanz- und Festkultur an kleinen Höfen im späten 18. Jahrhundert – und heute. Die musischen Künste in der Adelskultur des 18. Jahrhunderts und als Gegenstand der Public history und des kulturellen Erbes im ländlichen Raum der Gegenwart
Christina Wimmer (Universität Regensburg)
Münchner Musikzimmer der 1890er Jahre
Angelina Sowa (Universität Regensburg)
Der Klang der Zeit? – Das Verhältnis von Tonspur und Zeitgeschehen in Michelangelo Antonionis L’eclisse
Fabio Dick (JMU Würzburg)
Das Bayerische Jazzweekend in Regensburg – Evaluation zur Optimierung bestehender Soziokultur
Johanna Danhauser (Universität Bayreuth)
Dekolonisierung der Neuen Musik. Deutsche Festivals als Knotenpunkte globaler Diskurs- und Vernetzungsdynamiken
Programmübersicht

Abstracts

Materialsammlungen, Schmuckbände und „Best-Ofs“ Sammlungsprinzipien in den Musikdrucken Adam Bergs

Elisabeth Seidel, M. A. (Universität München)

Neben der Nürnberger Drucker*innen-Dynastie Montanus-Gerlach-Kauffmann war der Münchener Hofdrucker Adam Berg ein zentraler Akteur der Musikpublikation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts im Heiligen Römischen Reich. Zwischen 1567 und 1611 erschienen in seiner Offizin mindestens 114 Musikdrucke. Auch wenn der Fokus bei der Auswahl der Komponisten auf den Mitgliedern der Münchener Hofkapelle – natürlich allen voran Orlando di Lasso – liegt, geben die bei Berg gedruckten Sammlungen auch einen Einblick in die Arbeit der Komponisten am Kaiserhof, aus dem Umfeld der Höfe der habsburgischen Landesfürsten und an bedeutenden Klöstern. Anhand des gedruckten Repertoires, der Paratexte und der Aufmachung der Drucke lässt sich das Profil eines vornehmlich in katholische Netzwerke hinein wirkenden, eher auf qualitative Aufmachung und Auswahl bedachten Druckers skizzieren.

In meinem Vortrag befasse ich mich mit dem bei Adam Berg gedruckten Repertoire, allerdings aus einer tieferschürfenden Perspektive: Lassen sich Prinzipien herausarbeiten, anhand derer die Stücke für Sammlungen – hier sowohl im Sinne von Personal- als auch im Sinne von Sammeldrucken – ausgewählt und strukturiert wurden? Lassen sich daraus (in Kombination mit Informationen aus den Paratexten) möglicherweise sogar „Zielgruppen“ für die Drucke ableiten? Wie werden Musikalien durch die Auswahl und Anordnung der Werke zu einem Kommunikationsmedium? So viel sei bereits verraten: Das Spektrum reicht bei Adam Berg von einfachen „Materialsammlungen“ für Musiker*innen über sorgfältig zusammengestellte „Best-Of“-Alben bis hin zu den repräsentativen Bänden der Reihe Patrocinium Musices.

Kurzbiographie

Elisabeth Seidel absolvierte ihren Bachelor und Master in Musikwissenschaft (Nebenfach/Profilbereich Germanistische Mediävistik, Italianistik und Kunstgeschichte) an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In ihrer Masterarbeit, eingereicht im August 2020, beschäftigte sie sich mit einem Spezifikum – ausgezierten Diskantklauseln – in Drucken mit Lassos Motetten bei Le Roy & Ballard („Ein Detail mit Mehrwert ‚für Aug und Ohr‘. Diskantklauselverzierungen in Lasso-Motettendrucken bei Le Roy & Ballard: Kund*innenorientierung im Musikdruck“). Seit dem Wintersemester 2021 ist sie Doktorandin im interdisziplinären Graduiertenkolleg „Philologie – Praktiken vormoderner Kulturen, globale Perspektiven und Zukunftskonzepte“ an der LMU mit einem Projekt zu den Musikdrucken Adam Bergs.


Musik-, Tanz- und Festkultur an kleinen Höfen im späten 18.Jahrhundert – und heute. Die musischen Künste in der Adelskultur des 18. Jahrhunderts und als Gegenstand der Public history und des kulturellen Erbes im ländlichen Raum der Gegenwart.

Dr. Silvia Bier (Universität Bayreuth)

Das Forschungsprojekt widmet sich der Frage, welche Bedeutung und Funktion Musik, ferner Tanz und Festkultur in explizit kleinen Herrschaften im HRR im späten 18. Jahrhundert bis zur Mediatisierung hatten. Untersucht werden exemplarisch Hofhaltungen reichsunmittelbarer Territorien, deren finanzielle und strukturelle Mittel keine dauerhaften Musikensembles oder feste Aufführungsräume zuließen: Dem Repräsentationsbedürfnis einer souveränen Herrschaft standen also vergleichsweise beschränkte und prekäre Aufführungsbedingungengegenüber. Warum, wie und wann wurde hier musiziert? Wer waren die Akteure und ihre Netzwerke? In diesem Spannungsfeldzwischen Anspruch und Möglichkeiten, so die These, entwickelten sich signifikant andere Strukturen der Musik-, Tanz- und Festkultur als an den großen Höfen des Reiches, obwohl Funktion und Bedeutung von Musik, Tanz und Fest im Sinne eines symbolischen und kulturellen Kapitals ähnlich waren. Das erste Ziel ist ein Einblick in die spezifische Situation kleiner Hofhaltungen, die als Orte künstlerischer Praxis bisher in der Forschung nur marginal betrachtet wurden, gleichwohl für den ländlichen Raum kulturhistorisch prägend waren. Als Untersuchungsbeispiele dienen zunächst die fränkische Herrschaft Thurnau und die Herrschaft Dagstuhl nahe der französischen Grenze im heutigen Saarland. Das zweite Ziel der Studie ist die Betrachtung der Erkenntnissein ihrer Bedeutung für die Gegenwart vor den Konzepten Public history und kulturelles Erbe. Am Beispiel von musischen Künsten in der höfischen Kultur im ländlichen Raum soll herausgearbeitet werden, welche Rolle und Bedeutung historisches Wissen und historische Praktiken heute haben und auf welche Weise eine Auseinandersetzung mit oder gar Aneignung der Geschichte geschieht.

Kurzbiographie

Silvia Bier studierte Musikwissenschaft, Kunstgeschichte und Erziehungswissenschaft in Saarbrücken und Paris. Seit Ende 2013 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin, seit 2018Akademische Rätin a. Z. am Forschungsinstitut für Musiktheater in Thurnau. Dort forschte sie im Rahmen ihrer Promotion zur Synthese der Künste in der frühen französischen Oper. Zu ihren Schwerpunkten gehören neben dem Musik- und Tanztheater des 17.Jahrhunderts vor allem der Bereich der Aufführungspraxisforschung an der Schnittstelle von Musik- und Theaterwissenschaft. Nach einem DFG-geförderten Forschungsprojekt zu Inszenierungsstrategien in Theater und Politik im Nationalsozialismus am Beispiel Nürnberg („Inszenierung von Macht und Unterhaltung – Propaganda und Musiktheater in Nürnberg 1920–1950″), wird sich ihr Post-doc-Projekt mit Musik-, Tanz- und Festkultur an kleinen Höfen im 18. Jahrhundert beschäftigen. Neben ihrer wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit Musik ist sie als Sängerin im Bereich Alter Musik tätig, u. a. als Sopranistin des siebenköpfigen Ensembles PLEIADES.


Die Musikzimmer des Palais Pringsheim (1889–1891) und der Villa Stuck (1897–1901) in München

Christina Wimmer, M. A. (Universität Regensburg)

Musikzimmer (engl. music room, frz. salle de musique, salon de musique), also private Räume in Wohnbauten, die ausschließlich der Musik dienten, waren nach einer ersten Blütezeit in der Frühen Neuzeitvor allem um 1900 weit verbreitet: Sie gehörten nicht nur zum Raumprogramm großbürgerlicher Villen, in denen sie häufig den prachtvollsten und wichtigsten Raum des Hauses darstellten, sondern wurden auch auf Ausstellungen oder Galerien präsentiert und in Kunstzeitschriften und Heimberatern besprochen, wobei sie auch als Musiksalon, Musiksaal oder Musikraum bezeichnet wurden. Durchihre Unterscheidung etwa von multifunktionalen Salons waren Musikzimmer in spezieller Weise für Künstler*innen dazu geeignet, Räume zu gestalten, die sowohl architektonisch als auch bezüglich der Ausstattung mit Gemälden ganz auf die Musik abgestimmt waren. Die Musikzimmer des Wagnerianers Alfred Pringsheim (1889/90) und des Malers Franz von Stuck (1897/98) stellen die bedeutendsten Münchner Beispiele dar und wurden u. a. von Hermann Levi, Richard Strauss oder Gustav Mahler bewundert. Beide Räume verfügen über Flügel für Hauskonzerte und werden an gegenüberliegenden Seitenwänden mit Wandgemälden verziert, die, personifiziert durch Orpheus und Pan, Musik und Tanz thematisieren. In Stucks Musiksalon huldigen zudem Inschriften Komponisten, und das Deckengemälde symbolisiert die Harmonie der Sphären, wodurch die universale Macht der Musikbeschworen wird.

Kurzbiographie

Derzeit arbeitet Christina Wimmer freiberuflich für die Kunstsammlungen des Bistums Regensburg. Zudem ist sie in der Endphase ihrer Dissertation. Von 2019 bis 2021arbeitete sie an der Ausstellung „,Apostel für die Schönheit‘. Max Schultze (1845–1926) als Architekt, Künstler, Alpinist, Natur- und Heimatschützer“ mit, die 2021in der Regensburger Städtischen Galerie im Leeren Beutel zu sehen war(www.maxschultze.de). Wimmer absolvierte Praktika beim Verband Deutscher Kunsthistoriker, beim Kunstforum Ostdeutsche Galerie und der Universitätsbibliothek Regensburg und war mehrmals als Gästeführerin am Tag des offenen Denkmals tätig. Ihre Forschung ist auf die Kunst von der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts konzentriert, u. a. auf die Beziehung zwischen bildender Kunst und Musik.


Der Klang der Zeit? – Zur Tonspur in Michelangelo Antonionis L’eclisse

Angelina Sowa (Universität Regensburg)

In den zahlreichen Forschungsbeiträgen über die Filme des italienischen Regisseurs Michelangelo Antonioni (1912–2007) finden sich wiederholt Begriffe wie „Modernität“, „Abstraktion“ und „Gegenwärtigkeit“. Die dynamischen Entwicklungen von Technik und Wissenschaft aufgreifend würden seine Bilder den „modernen“ Zeit-Rhythmus veranschaulichen und inmitten der soziokulturellen Veränderungen des 20. Jahrhundert seine im Wandel begriffene Gesellschaft dokumentieren. Obgleich sich die Bewegtbilder dabei in der Tat von fundamentaler Bedeutung erweisen, vermag sich die eigentliche „Aktualität“ des Antonionischen Kinos jedoch primär auch in seinen auditiven Innovationen widerzuspiegeln. Unter der Dominanz des Bildes scheinen die Tonspuren allerdings selten ihrer Präsenz gewürdigt zu werden, sodass trotz ihrer signifikanten Rolle im Film eine Bewertung derselben im Wesentlichen noch aussteht. Wenn sich also insbesondere der1962 erschienene Film L’eclisse als repräsentativ für Antonionis bemerkenswerten Umgang mit den Tonspuren erweist, so möchte ich in meinem Vortrag ausgewählte Sequenzen desselben Filmes vorstellen. Als musikalische Reflexion über die Krise der moralischen Werte in den1960er Jahren könnte jener Tontrakt in seinem Hang zum Abstrakten als perfektes Symbol für die Kommunikationsunfähigkeit gelten, wie der Regisseur sie in der zeitgenössischen Gesellschaft erkannt haben möchte. Im Sinne einer kritischen Betrachtung und Hervorhebung dieser Filmmusik verfolgt mein Beitrag folglich die Annahme einer engen Verbindung zwischen Tonspur und Zeitgeschehen, der in einer differenzierten Analyse der tontechnisch auffälligsten Szenen von L’eclisse nachgegangen werden soll.

Kurzbiographie

Angelina Sowa studiert seit dem Wintersemester 2019/2020 an der Universität Regensburg Musikwissenschaft (Bachelorfach) und Italienische Philologie (Zweites Hauptfach).


Das Bayerische Jazzweekend in Regensburg – Evaluation zur Optimierung bestehender Soziokultur

Fabio Dick, M. A. (JMU Würzburg)

Der Vortrag widmet sich einer Untersuchung des Bayerischen Jazzweekends. Einhergehend mit einer wissenschaftlichen Beratung erfolgt diese auf Anfrage der respektive in Absprache mit den Hauptverantwortlichen, i. e. künstlerischer Intendanz, Kuratorium sowie Kulturreferat. Unter der Zielsetzung, sowohl die musikbezogene Bandbreite der Angebote als auch die allgemeine Sichtbarkeit der Veranstaltung zu optimieren – lokal wie regional, insbesondere aber in Hinblick auf etwaige Akzeptanz- und Aufmerksamkeitsdefizite –werden drei inhaltlich wie organisatorisch eng ineinandergreifende Projektstudien durchgeführt. Gerade unter sozialen Gesichtspunkten von Teilhabegerechtigkeit und Solidarität gilt es, bisherige Versäumnisse zu identifizieren und Perspektiven zu eröffnen, die alle Beteiligten und Betroffenen – EntscheidungsträgerInnen, MusikerInnen, Publikum, Gastgewerbe, AnwohnerInnen usw. – als Kulturschaffende verstehen und (eben deshalb) nachhaltiger in zukünftige Gestaltungsprozesse einbinden. Zu diesem Zweck werden qualitative Forschung und quantitative Erhebung von Daten in einem Mixed-Methods-Ansatz miteinander verknüpft. Eine systemanalytische Zusammensicht der Ergebnisse schließlich erarbeitet Empfehlungen genauso praxisnah wie theoretisch fundiert. Die Implementierung von Rahmenkonzept und Ideen, die vorab auch dem Stadtrat vorgestellt werden, bleibt wiederum den Hauptverantwortlichen überlassen. Die Untersuchung soll außerdem im Rahmen einer internationalen Konferenz präsentiert und diskutiert werden, um Feedback von ExpertInnen im Bereich jazz studies einzuholen und zugleich proaktiv Voraussetzungen oder Anreize für eine Vernetzung und Kooperationen mit weiteren Interessensgruppen im Globalen zu schaffen.

Kurzbiographie

Fabio Dick ist Doktorand am Institut für Musikforschung der JMU Würzburg, wo er seit Dezember 2022 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Assistenz des Lehrstuhls für Ethnomusikologie fungiert. Er promoviert mit einer Arbeit zum Thema „Musik und Heimat im glokalen Kontext: Beispiele aus Ostbayern“, die 2023 veröffentlicht wird. Nacheiner Ausbildung zum staatlich geprüften Leiter der Popularmusik am Music College in Regensburg (2008) erwarb er einen B. A. in Angewandter Musikwissenschaft und Musikpädagogik an der KU Eichstätt-Ingolstadt (2013) sowie einen M. A. in Ethnomusikologie/Transcultural Music Studies an der JMU Würzburg (2016). Im Mittelpunkt seiner Forschung und Lehre mit Schwerpunkt auf dem 20. und 21.Jahrhundert stehen bisher vor allem soziokulturelle Dimensionen des Musizierens sowie glokale Tradierungszusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen traditionellen und populären Musiken.


Dekolonisierung der Neuen Musik. Deutsche Festivals als Knotenpunkte globaler Diskurs- und Vernetzungsdynamiken

Johanna Danhauser, M. A. (Universität Bayreuth)

In den letzten Jahren hat das Stichwort „Dekolonisierung“ im Diskurs der deutschen Neuen-Musik-Szene für Bewegung gesorgt. Beispielsweiseeröffneten die renommierten Donaueschinger Musiktage im Jubiläumsjahr2021 die Programmrubrik „Donaueschingen global“, zu der erstmals Musiker*innen, Ensembles und Komponist*innen der zeitgenössischen Kunstmusik aus dem Globalen Süden eingeladen wurden. Laut Festivalleiter Björn Gottstein erfolgte der kuratorische Prozess im engen Austausch mit sogenannten Researchern, die über einen Zeitraum von zwei Jahren Recherchereisen in Länder Afrikas, Lateinamerikas, des Mittleren Ostens und Asiens unternahmen (Björn Gottstein, Interview mit der Verfasserin, 5.7.2022). Jene wurden aufgrund ihrer professionellen Kompetenzen als Komponist*innen oder Wissenschaftler*innen sowie herkunftsbedingter Bezüge zu den entsprechenden Regionen ausgewählt. Andere Dekolonisierungs-Strategien sind bei Maerz Musik – Festival für Zeitfragen zu beobachten. Unter der künstlerischen Leitung von Berno Odo Polzer kehrt das Themaeingebettet in einen größeren kulturphilosophischen Kontext wieder. So diente der Text Decolonizing time von Donna Harraway in der Saison 2017als intellektuelle und dramaturgische Referenz für die Konzertprogrammation und das Begleitprogramm „thinking together“. Wissensgewinn über nicht-westliche Musikszenen erlangte das Festivaldarüber hinaus durch die mehrjährige Kooperation mit SAVVY Contemporary, einem Kulturzentrum für epistemologische Vielfalt in Berlin, das sich schwerpunktmäßig transkulturellen und afropolitischen Fragestellungen widmet. Anhand der Fallstudien Donaueschinger Musiktage und Maerz Musik Berlin wird untersucht, ob der Dekolonisierungs-Diskurs strukturelle Veränderungen – auf kuratorischer, administrativer und kulturpolitischer Ebene – in Gang setzt. Außerdem wird der Frage nachgegangen, welche musikästhetischen Impulse das Konzept der Dekolonisierung als kompositorisches Mittel bereithält. Die ausgewählten Festivals werden hierbei als institutionalisierte Knotenpunkte einer globalen zeitgenössischen Musik-Szene verstanden, die sowohl über eine hohe repräsentative Strahlkraft verfügen als auch den Austausch unter Praktiker*innen ermöglichen. Im Zuge dessen soll eine Netzwerkdarstellung gemäß des Akteur-Netzwerk-Modells von Bruno Latour erarbeitet werden, um Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen Institutionen, Personen und musikalischen Werken zu gewinnen. Dem Forschungsvorhaben soll sich mit einem interdisziplinären Methodenset genähert werden: Den Rahmen bietet eine ethnomusikologische Feldforschung (teilnehmende Beobachtungen und Experteninterviews), ergänzt durch musikalische Werkanalysen, Mediendiskurs- und Politikfeldanalysen vor dem Hintergrund der postkolonialen bzw. dekolonialen Kritik.

Kurzbiographie

Johanna Danhauser absolvierte den Bachelor Dramaturgie an der HMT Leipzig und schloss den Master Musik und Performance an der Universität Bayreuth mit einer Arbeit über bergmännische Chorkultur im postmontanen Ruhrgebiet ab. Sie war als Dramaturgin an der Oper Stuttgart, dem Konzerttheater Bern, der Ruhrtriennale sowie der Münchener Biennale für Zeitgenössisches Musiktheater tätig. 2020 wurde sie im Team mit Anika Rutkofsky und Eleni Konstantatou mit dem Ring Award ausgezeichnet .Seit 2021 promoviert sie als Mitarbeiterin an der Professur für Musikwissenschaft (Prof. Dr. Kordula Knaus) der Universität Bayreuth zum Thema „Dekolonisierung der Neuen Musik. Deutsche Festivals als Knotenpunkte globaler Diskurs- und Vernetzungsdynamiken“.